Interview mit Markus Simon, Verhandlungsführer Arbeitgeber und Geschäftsführer Verseidag

15.01.2019

1. Herr Simon, am Mittwoch gehen Sie in Neu-Ulm in die zweite Runde der Tarifverhandlungen für die westdeutsche Textil- und Modeindustrie. Was hat sich seit den Auftaktgesprächen am 6. Dezember geändert?

Wir wissen inzwischen, dass es wirtschaftlich betrachtet, kein gutes Jahr werden wird. Jedenfalls deuten alle Zahlen und Fakten darauf hin. Ende 2018 hatten wir ja noch die Hoffnung, dass es sich nur um eine konjunkturelle Eintrübung handelt. Mittlerweile steht fest: Weltweit erlebt die Konjunktur einen schweren Dämpfer und die weiter ungelösten Handelskonflikte, das Chaos um den Brexit und die Krise der Autobauer lassen nichts Gutes erahnen - im Gegenteil. Bei uns betrifft es besonders die Bekleidungsunternehmen, aber auch wir als Hersteller technischer Textilien werden nicht verschont.

2. Die Gewerkschaftsseite ist mit der Forderung nach 5,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt in die Tarifgespräche gegangen. Werden Sie in Neu-Ulm ein Angebot machen?

Erst einmal müssen wir sehen, ob unsere Gesprächspartner den Jahreswechsel genutzt haben, um unsere Daten und Fakten, die wir zum Auftakt der Gespräche am 6. Dezember vorgestellt haben, auszuwerten. Es nutzt ja nichts, wenn wir die Tarifverhandlungen beginnen und eine Seite am Tisch redet sich die Lage schön. Wir haben den Konjunkturboom in den vergangenen gut fünf Jahren in der Tat genutzt, uns aus einer schwierigen Lage in der deutschen Textil- und Bekleidungsbranche wieder nach oben zu arbeiten. Deutsche Modemarken sind weltweit gefragt und machen ihrem Ruf einer werthaltigen Textilindustrie alle Ehre. Bei technischen Textilien sind wir sogar Weltmarktführer. Jetzt haben wir allerdings die große Sorge, dass uns all diese Erfolge aus der Hand geschlagen werden.

3. Welches Ziel haben Sie sich vor diesem schwierigen Hintergrund für die Tarifrunde 2019 gesteckt?

Selbstverständlich wollen wir die Leistungen unserer Mitarbeiter anerkennen. Diesmal ist der Verteilungsspielraum aber so schlecht wie schon lange nicht mehr. Und da müssen auch unsere Mitarbeiter verstehen, dass wir nach den wirklich guten Tarifabschlüssen der letzten Jahre, einen moderaten Abschluss hinbekommen müssen, der für uns im Mittelstand auch darstellbar ist. Nur gemeinsam können wir unsere textile Zukunft in Deutschland sichern. Angesichts der tollen Produkte und immer neuer Verfahren mache ich mir auf dieser Seite keine Sorgen. Wenn wir aber international nicht mehr wettbewerbsfähig sind, dann werden wir unsere Spitzenstellung bei Qualität, Werthaltigkeit und Innovation nicht halten können.